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Christoph Poth –„Der Urknall-Skandal“ reloaded

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RelativKritisch hatte seit Dezember 2013 kontinuierlich über Aufstieg und Fall des Projekts „Der Urknall-Skandal“ berichtet. Der Autor Christoph Poth verbreitete mittels eines gleichnamigen Buchs seine pseudowissenschaftlichen Ansichten zur modernen Astrophysik und Kosmologie nicht nur über eigene Webpräsenzen, sondern auch über teure Anzeigenschaltungen in anerkannten und auch bei Laien beliebten Fachjournalen wie „Sterne und Weltraum“ und „Interstellarum“. Die läuternde Wirkung der Diskussionen auf diesem Blog und letztlich der Verriss des Astrophysikers und Rezensenten Dominik Elsässer in der Ausgabe von „Sterne und Weltraum“ im Mai 2014[1] schienen den Autor des „Urknall-Skandal“ unsanft auf den Boden der Tatsachen geholt zu haben. Ein Jahr nach dem Zusammenbruch seiner Pläne spielt der Würselener mit dem Reload seines Projekts unter dem runderneuerten Titel „Einsteins Universum ohne Urknall – Und die Lösung für Hawkings Problem“ jedoch erneut um einen Aufstiegsplatz in der Liga der „cranks“ und um die Trophäe der skurrilsten „Welträtsellösung“ in diametraler Abgrenzung zum bewährten naturwissenschaftlichen Mainstream.

Projektumfeld
Bereits im September 2014 liess Christoph Poth über den Mittelsmann Lothar Heibel für seinen erneuten Aufschlag eine stattliche Anzahl von Domains über die Chronon AG, einem Tochterunternehmen der Strato AG[2] registrieren. Zum 19.04.2015 hatte Poth als Startpunkt seines öffentlichen Projektrelaunchs diese Webpräsenzen mit identischem deutsch- und englischsprachigem Content befüllt.

Christoph Poth: Die neue Kosmologie

Christoph Poth: Die neue Kosmologie

Zeitgleich startete Poth den Verkauf seines neuen Buchs „Einsteins Universum ohne Urknall – Und die Lösung für Hawkings Problem“ bei dem Self-Publisher und E-Book-Distributor „XinXii“ in deutscher und englischer Sprache.[3][4][5] Christoph Poths neues Projekt geht ökonomisch deutlich sparsamer an den Start als sein letztlich gescheiterter Vorgänger. Sein neues Buch ist lediglich als digitale Ausgabe publiziert. Ob auch eine Print-Version erscheinen wird, ist zur Zeit nicht absehbar, aber wenig wahrscheinlich.

Christoph Poth, 2015: „Einsteins Universum ohne Urknall“

Christoph Poth, 2015: „Einsteins Universum ohne Urknall“

Teure Anzeigenschaltungen wie im Winter 2013 für das Buch „Der Urknall-Skandal“ hat der Autor bislang vermieden.
Als Marketingaktivitäten sind bislang ein aktives Werbemailing und neben den rein statischen Webpräsenzen die Bereitstellung mehrerer passiv wirkender YouTube-Clips[6] sowie eine facebook-De­pen­dance[7] und ein weiterer Auftritt bei Google+[8] bekannt. Seinen neuen YouTube Channel hat Christoph Poth am 12.04.2015 eingerichtet. Bislang verbreitet er über diesen Auftritt drei Videoclips, jeweils in deutscher und englischer Sprache, mit zentralen Aussagen aus seinem Projekt. Die Videos sind grafisch durchaus aufwendig realisierte Visualisierungen seiner willkürlichen Phantasien über zentrale Themen aus der Astrophysik und Kosmologie. Poth verzichtet diesmal in allen Clips auf den Abspann oder sonstige Hinweise, die weitere Beteiligte an seinem Projekt transparent machen würden.[9]

Unerwünschte Werbung: SPAM-Mail am 22.04.2015
Christoph Poth setzte in einer ersten Welle auf ein personalisiertes Direktmarketing[10], das am 22.04.2015 über E-Mail an ausgesuchte Empfänger ausgelöst wurde.

Deutschsprachige Version der E-Mail vom 22.04.2015)

Deutschsprachige Version der E-Mail vom 22.04.2015

Die Zielgruppe dieser mit offenem Absender versandten E-Mail-Spam[11] waren nach einigen Rückmeldungen an RelativKritisch vor allem professionelle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlreicher physikalischer Institute im deutschsprachigen und, wie identifizierbare Referrer am 22.04.2015 auf Relativkritisch zeigten[12], auch im englischsprachigen Raum. Zur Zielgruppe Poths gehörten in dieser ersten Welle offensichtlich ergänzend auch öffentlich bekannte Autorinnen und Autoren als Multiplikatoren auf dem Feld der populären Wissenschaftskommunikation. Diese erste Vermarktungsaktivität hat Christoph Poth diesmal ausschlieslich Arbeitszeit gekostet, um einen zielgruppengerechten E-Mail-Verteiler aufzubauen. Die Werbemail ist recht einfach strukturiert und spricht lediglich mit einem einleitenden Satz, „seit nunmehr über 80 Jahren befindet sich die Kosmologie in einer Sackgasse“, das Projektthema an. Poth verzichtet diesmal darauf, auch in seinem sonstigen Product-Placement[13], sich selbst direkt als „Wissenschaftler“ zu bezeichnen. An die Adressaten der Institute und die Wissenschaftskommunikatoren vermeidet er wiederum jedoch ein konkretes Diskussionsangebot. Die ausschliesslich informativen Verweise auf die passiven Vermarktungsaktivitäten, seine produktbezogenen Domains und den YouTube-Channel, klassifizieren Christoph Poths unerwünschte Werbung damit in bestem exemplarischen Sinn als Junk-Mail.

Projektentwicklung
Da Christoph Poth bisher in keine bekannte öffentliche Diskussion über sein Projekt eingetreten ist, bleibt dessen weitere Entwicklungslinie weitgehend im Dunkeln und möglicherweise nur Poth bekannt. Einige Veränderungen deuten jedoch auf eine aktive Gestaltung durch den Würselener hin. So wurde am 05.05.2015 zunächst der Preis für beide Ausgaben seines neuen Buchs bei „XinXii“ drastisch von EUR 16,95 auf EUR 0,99 reduziert. Am 07.05.2015 bot der Autor zunächst die englischsprachige Ausgabe bei Google play[14] zum kostenlosen Download an.[15] Der Autor nennt dort als Verleger einen bisher nicht bekannten „Christoph Poth – Verlag“. Am 08.05.2015 setzte eine weitere dynamische Entwicklung ein. Poth veränderte seine Webpräsenz und bietet dort mit einem Direktlink[16] beide Sprachversionen seines Buchs „Einsteins Universum ohne Urknall“ als kostenloses E-Book an.[17]

Christoph Poth, 2015: „Einsteins Universum ohne Urknall“ bei XinXii

Christoph Poth, 2015: „Einsteins Universum ohne Urknall“ bei XinXii

Auch wenn es Christoph Poth bisher vermieden hat, sich selbst erneut und unmittelbar als „Wissenschaftler“ zu bezeichnen, suggeriert er mit einer weiteren Veränderung seiner Webpräsenz einen solchen Hintergrund. Sein Projekt firmiert ab diesem Zeitpunkt unter einem ebenfalls bisher unbekannten „institute for astronomical research germany“ (i.a.r.-germany). Für dieses „Forschungsinstitut“ wurde bereits am 04.05.2015 wiederum von Lothar Heibel die Domain www.iar-germany.com registriert und anschliessend sukzessive in den bekannten Webpräsenzen von Poth integriert. Unter dieser weiteren Domain wurde bislang kein eigener Inhalt eingestellt, sondern lediglich eine Weiterleitung auf die englischsprachige Domain einsteins-universe.com/en/ hinterlegt (Stand: 25.05.2015).[18]

Projektdesign
Christoph Poth schliesst mit seiner neuen Veröffentlichung nahtlos an das gescheiterte Vorgängerprojekt an. Völlig unbeeindruckt von der inhaltlichen Zurückweisung seines „Urknall-Skandal“ von 2013, verortet der Autor den Widerspruch zu seinen skurrilen Thesen weiterhin in einem „skandalösen und blamablen Versagen einer gesamten Sparte der astrophysikalischen Wissenschaft“.[19] Diese Deutung ist für einen crank nicht ungewöhnlich und seit der Publikation von „Vom Urknall zum Durchknall“, der „Philippika“ gegen den Wissenschaftsbetrieb von Alexander Unzicker, gerade bei cranks eine anhaltende Modeerscheinung. Nachdem dessen Pseudokritik im Jahr 2010 auch noch durch „Bild der Wissenschaft“ durch die Auszeichnung als „Wissenschaftsbuch des Jahres“ prämiert wurde, hoffen auch intellektuell noch einseitiger belastete Aussenseiter auf öffentliche Anerkennung. So findet Poth mit seinem Relaunch wieder zu „deutlichen Worten“.[20] Mit seiner ihm eigenen Aggressivität will der Autor „unmissverständlich offen“[21] die Adressaten seiner Empörung davon überzeugen, dass deren Wissen über das Universum „nachweisbar falsch“[22] sei. Wie Unzicker beruft sich auch Christoph Poth dabei auf Autoritäten um sein Projekt aufzuwerten und sein „Sammelsurium von Fehlvorstellungen“[23] gegen Kritik zu immunisieren. Im Falle von Poth sind das die historischen Giganten der Physik Isaac Newton, Max Planck, Albert Einstein und Karl Schwarzschild.

Unfreiwillige Leumundszeugen: Newton, Planck, Einstein, Schwarzschild

Unfreiwillige Leumundszeugen: Newton, Planck, Einstein, Schwarzschild

Die zweifelhafte Mobilisierung dieser grossen Physiker kann jedoch nicht verschleiern, dass Poths Projektrelaunch weiterhin eine groteske Ansammlung „bloßer Anekdoten“ sowie „Fehlvorstellungen und falschen Unterstellungen“[24] bleibt. Trotz geringfügiger Überarbeitung der bekannten Textteile und einer erheblichen Aufblähung ist „Einsteins Universum ohne Urknall“ in der Substanz lediglich ein banales Derivat des im Jahr 2013 publizierten „Urknall-Skandal“. Deren Autor zeichnet sich weiterhin gekonnt negativ dadurch aus, dass er den wissenschaftlichen Diskussionsstand nicht verstanden hat und auch die wesentlichen wissenschaftshistorischen Zusammenhänge ausschliesslich selektiv erfasst und manipuliert, um sie seinem Projektziel anzupassen. Allfälliges cherry picking, der unverstandene Gebrauch physikalischer Theorien und Phänomene sowie visuell aufgehübschte Computergrafiken sind kein Ersatz für theoretisch wie methodisch sauberes Arbeiten.

Christoph Poth, 2015: Gratis E-Book bei Google play

Christoph Poth, 2015: Gratis E-Book bei Google play

Völlig verfehlt und im Stil unangemessen sind die grobschlächtigen Diffamierungen der von Poth adressierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die auch sein neues Buch durchziehen. Sie zeigen vor allem eins, der Autor und seine potentielle Leserschaft, die das erbaulich finden, wollen mit Sicherheit nicht zum wissenschaftlichen Mainstream, dessen Diskussionsformen, den Methoden und Reglements der Erkenntnisgewinnung dazugehören. Statt auf Inklusion setzt diese Spezies auf die Provokation grösstmöglicher Abgrenzung. Anhand für Poth extremer Reizbegriffe wie „Schwarze Löcher“, „Singularität“, „Dunkle Materie“ oder „Dunkle Energie“, die theoretische und beobachtbare Phänomene der modernen Kosmologie und Astrophysik darstellen, rückt der verblendete Verfasser die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Mainstream in die Position von kollektiven Versagern, „die die Wissenschaft im Bereich der Astronomie und Kosmologie aktiv hemmen, da sie schlicht und ergreifend ihr Handwerk nicht verstehen“[25] und „einfach nur zu viel Star Wars geschaut“[26] hätten. Wer das „Hirngespinst“ der „Urknalltheorie“ verbreite, sollte „sich in Grund und Boden zu schämen“[27]. Da diese „Dilettanten“[28] „ihre Unfähigkeit und ihre Dummheit bereits unter Beweis gestellt“ hätten, sollte man ihnen nach Poths bösartigen Albträumereien „unverzüglich die Lehrberechtigung entziehen.“[29] Die Vertreterinnen und Vertreter der „Urknalltheorie“ oder wahlweise anderer moderner physikalischer Theorien sollten „sich mithin natürlich nicht mehr ordentlicher Professor nennen.“[30] Schliesslich gipfeln die Schmähungen des Verfassers in der beachtlichen Aussage: „Es ist gut, dass Gott keine Kosmologen in seinem Planungsteam hat.“[31]

Christoph Poth, 2015: Gratis E-Book bei einstein-universum.com

Christoph Poth, 2015: Gratis E-Book bei einstein-universum.com

Christoph Poths Schrift durchzieht eine verfestigte Übertragung unerwünschter eigener Emotionen, Affekte und Impulse, die bei ihm offenbar als innerer Widerspruch bei der vorgängigen Aneignung des modernen kosmologischen Weltbilds entstanden sind. Möglicherweise spielt dabei auch ein innerer religiöser Konflikt eine Rolle, wie das letzte Zitat zeigt, aber auch die vergifteten Diskriminierungen der bedeutenden Wissenschaftler Georges Edouard Lemaître[32] und Subrahmanyan Chandrasekhar[33] nahelegen: „Auf den Grundlagen der spirituellen Ideen eines belgischen Priesters und eines indischen Brahmanen wird in der sogenannten „modernen Kosmologie“ seit Jahrzehnten reine Esoterik betrieben.“[34] Und: „Bislang stützten sich die Theorien der Kosmologie auf die rein philosophischen Grundlagen des belgischen Priesters George Lemaitre und des indischen Brahmanen Chandrasekhar Subrahmanyan.“[35] Diese manipulierte Darstellung der Wissenschaftsgeschichte erlaubt es dem Würselener im folgenden, seine naiven intellektuellen Fehlleistungen den Astrophysikern und Kosmologen des Mainstream unterzuschieben. Ein weiterer klassischer Fall von „Projektion“, die es Poth im folgenden erlaubt, mit den perfiden Mitteln der projektiven Identifikation vergangene Generationen sowie die aktuell miteinander erfolgreich arbeitenden Kohorten von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern als abwegige „Esoteriker“[36], gar als Mitglieder einer „Science-Fiction-Sekte“[37] oder als „Science-Fiction Priester“[38] zu diffamieren.

Christoph Poth, „Einsteins Universe - Die neue Kosmologie“ bei YouTube

Christoph Poth, „Einsteins Universe – Die neue Kosmologie“ bei YouTube

Mit dieser subjektiven Zustandsbeschreibung hält sich Poth jedoch nicht lange auf, er fühlt sich in seiner besessenen Projektion in der Lage, erheblich weiter zu zündeln. Seine ganz offensichtlich rhetorische Frage, wer „ein Interesse an der Etablierung eines sehr esoterisch geprägten, unwissenschaftlichenen kosmologischen Weltbildes“ haben könnte und „wie ist es möglich“ sein könnte, „die Vertreter eines ganzen Wissenschaftszweiges dazu zu bringen, völlig unwissenschaftlichen Unsinn kritiklos zu übernehmen und zu verbreiten?!“[39] führt den Autor zu einer Reihe von bekannten Selbststigmatisierungen sowie zu einem verschwörungsideologischen Entwurf, die bei vielen laienhaften cranks zum Standardreportoire gehören und für den Würselener kein Alleinstellungsmerkmal auszeichnen.
Bereits zum Projektstart im April 2015 hatte Christoph Poth deutlicher als bei seinem ersten Aufschlag im Jahr 2013 eine deutlichere intellektuelle Nähe zu wissenschaftlichen Aussenseitern gesucht, die den „Urknall“ als Bestandteil der modernen Kosmologie ablehnen. So integrierte der Würselener von Beginn ein „Cosmology Statement“[40], das den längst vergessenen „Open Letter to the Scientific Community“[41] als Relikt reproduziert, den Halton Arp und einige andere, teilweise mehr oder weniger skurrile Aussenseiter im Mai 2004 im New Scientist[42] veröffentlichen konnten und der über mehrere Jahre vor allem durch diverse „cranks“ im Internet am Tropf der gegenseitigen pseudowissenschaftlichen Selbstbegeisterung an einem siechen Leben gehalten wurde.

Verschwörungsideologie
Strukturelle Vermachtungen im Wissenschaftsbetrieb sind keine reinen Phantasiegebilde gescheiterter „Welträtsellöser“[43]. Sie sind Gegenstand wissenschaftssoziologischer und wissenschaftshistorischer Analysen und Bestandteil von Diskussionen innerhalb der Arena der Wissenschaft. Hier gilt es jedoch, klar zu unterscheiden: „Quod licet Iovi non licet bovi“. Polemik gegen die Organisation des Wissenschaftsbetriebs dient cranks und sonstigen Vertretern „unorthodoxer Hypothesen“[44] in der Regel zu einem Abbau der Dissonanz zwischen subjektivem Anspruch und objektiver Erfolglosigkeit. Christoph Poth scheint sich auf den ersten Blick mit seinen aggressiven Angriffen auf die community der Astrophysiker und Kosmologen noch in eine ganze Reihe weiterer einschlägig bekannter cranks einzugliedern, denen man grundsätzlich die Absicht auf Inklusion und das Streben nach Anerkennung als Maxime ihres Handelns und Auftretens zubilligen kann. Der Autor steigert sich bei genauerem Hinsehen im Gegensatz in einen nicht mehr tolerierbaren und primitiven Extremismus, der in der Tat eher von fundamentalistisch geprägten politischen oder religiösen Aktivisten mit hermetisch geschlossenen Weltbildern bekannt ist.

Christoph Poth, „Einsteins Universe“ bei Google+

Christoph Poth, „Einsteins Universe“ bei Google+

Mit seiner Gleichsetzung der modernen physikalischen Theorien der „Science-Fiction Priester“ mit dem „Epizyklische[n] Planetenbahnenmodell“[45][46] greift Poth nicht nur auf eine auch bei anderen Aussenseitern beliebte diffamierende Analogie zurück. Er sichert sich damit auch den taktischen Gebrauch der ebenfalls meist hochemotional verwendeten Figur des „Galileo Gambit“.[47] So wird nach Ansicht des Verfassers alles, „was gegen die Urknalltheorie spricht“[48] gänzlich ignoriert. Einem weiteren Opportunismus Poths zufolge, werden die „durchaus vielen kritischen Stimmen von fähigen Astrophysikern“ dagegen tatkräftig und „mit inquisitorischer Gründlichkeit“[49] verfolgt. Den Würselener erinnert das durchgängige Scheitern der „Welträtsellöser“ an das „Mittelalter und das Schreckgespenst der heiligen römisch-katholischen Inquisition“.[50] Gerade weil kein crackpot mehr auf die lodernden Scheiterhaufen in unseren Städten gezerrt wird, sind nach Ansicht des Autors die Methoden der modernen Inquisitoren subtiler, aber nicht weniger effektiv. So würden die Vertreter „unorthodoxer Hypothesen“ mit „den Mitteln der Diskreditierung, der Verhinderung von kritischen Artikeln in der „Fachpresse“ und der Isolierung von Andersdenkenden“.[51] in totalitärem Ausmass unterdrückt.
In besonderer Weise seien wissenschaftliche Insider betroffen, denn wer sich innerhalb des Wissenschaftsbetriebs „als Urknallgegner outet, droht seine wissenschaftliche Reputation zu verlieren“[52] und werde „in Form von Denunzierungsattacken und weiterer beruflicher Nachteile bestraft“[53]. Unter dem drohenden Verlust der „Existenzgrundlage“ sei das Szenario nachvollziehbar, „die Vertreter eines ganzen Wissenschaftszweiges dazu zu bringen, völlig unwissenschaftlichen Unsinn kritiklos zu übernehmen und zu verbreiten“[54]. In der Wahrnehmung des Würselener hätte sich somit die Mehrheit der Astrophysiker und Kosmologen dem „Diktat des Wissenschaftsbetriebes“[55] völlig untergeordnet und sich „als willfähriges Werkzeug nötigen und missbrauchen“ lassen, um der „Science-Fiction-Religion“[56] des „belgischen Priesters George Lemaitre und des indischen Brahmanen Chandrasekhar Subrahmanyan“[57] zur Durchsetzung zu verhelfen sowie die „Unterdrückung der freien Wissenschaft“[58] zu realisieren.

Christoph Poth, „Einsteins Universe“ bei facebook

Christoph Poth, „Einsteins Universe“ bei facebook

Christoph Poth gelingt es mit seiner naiven Teildiagnose aus der Verlierersicht bereits, die auch ihn quälende Dissonanz zwischen dem Anspruch skurriler „Welträtsellösungen“ und deren offensichtlicher Erfolglosigkeit erfolgreich abzubauen. Damit nicht genug, wendet er sich dem subjektiv verorteten Agens zu, den schuldhaften Agenten der Unterdrückung und der Ausgrenzung, die seine Verschwörungsideologie komplettieren müssen. Die zunächst plakativ offen gehaltene Fragestellung „Wer hat ein Interesse an der Etablierung eines sehr esoterisch geprägten, unwissenschaftlichenen kosmologischen Weltbildes […]?!“[59] zeigt sich durch das abschliessende Ausrufzeichen bereits als vorgängig beantwortet. Sie muss nur noch narrativ ausgebreitet werden.

Wer eine spektakuläre investigative Aufklärung erwartet, sieht sich jedoch enttäuscht. Zunächst sind es „einige dubiose Vertreter der Wissenschaft“[60], die jenes in Poths Einbildung entlarvte „Diktat des Wissenschaftsbetriebes“ verantworten sollen. Schnell endet die Verschwörungsdiagnose jedoch profan. Die historisch prinzipiell entlehnbaren, durchaus angemessen erfolgreichen „Mandarine“[61] des frühen letzten Jahrhunderts[62] degenerieren in den anspruchslosen Anekdoten des Autors von einer verschworenen Intelligenzschicht mit dem Anspruch auf geistige und spirituelle Führung zu einer nur noch schnöden Gruppe rein ökonomisch privilegierter und interessengeleiteter Akademikerinnen und Akademiker. Es sollen die milliardenschweren Steuermittel sein, die als „Apanage der Wissenschaftler verbraucht“[63][64], diese zu einem Festhalten am Mainstream der Wissenschaft verfestigen: „Die „Wissenschaftler“, die dort tätig sind, werden sicherlich gerne weiter nach dem suchen, was es nicht gibt, denn dann ist logischerweise sichergestellt, dass ihnen die Suche bis zum Erlangen des Rentenalters einen sicheren Job beschert. Selbst deren Kinder und Kindeskinder könnten dann auf eine sichere Rente hoffen, da sie bis in alle Ewigkeit weitersuchen könnten, ohne jemals etwas zu finden.“[65]. In den Wutbürgervisionen Poths fürchteten diese Wissenschaftler zudem die Offenlegung der „Verschwendung von Steuergeldern“[66] und vor allem die persönliche Blamage, wenn sie „ihren Irrtum öffentlich eingestehen“[67] müssten. Poth sieht darin den „Hauptwiderstand beim Zerschlagen des Urknallunsinns“[68]. Neben der ökonomischen Interessenlage sind es „menschliche Eitelkeiten“[69] des Mainstream, die eine Durchsetzung der „Welträtsellöser“ aktiv unterbinden. Die Wissenschaftler scheuten sich davor, einzugestehen, „jahrzehntelang ihren Studenten die Urknalltheorie ins Gehirn gepresst“ zu haben, „seit Jahrzehnten die völlig falschen Schlüsse gezogen“ sowie „Millionen von Menschen etwas vorgegaukelt“ zu haben.[70]
So erschöpft sich die Pothsche Verschwörungsideologie in den Niederungen seiner eigenen intellektuellen Existenz. Für den aussenstehenden Betrachter ist die Dissonanz unweigerlich aufgeklärt. Christoph Poth ist von seinem Ausgangspunkt eines laienhaften wissenschaftlichen Aussenseiters definitiv zu einem ausserwissenschaftlichen Borderliner mutiert. Eine in der persönlichen Vergangenheit erlittene narzisstische Kränkung motiviert den Autor zum Kampf um sein Recht zur Selbsttherapierung. Wobei offensichtlich ist, dass weder Widerspruch noch Zustimmung diese Persönlichkeitsstörung auflösen werden. Ersteres verweigert diese Spezies, letzteres wertet sie als Gefährdung ihres Kampfes gegen eine als feindselig wahrgenommene Öffentlichtkeit. Daraus folgen Konsequenzen.

Christoph Poths „Forschungsinstitut“

Christoph Poths „Forschungsinstitut“

Auch Poths neues Produkt ist weder verbesserungswürdig noch korrekturfähig und wird somit weiter unter dem Verdikt von Elsässer ein randständiges Dasein fristen: „Dieses Werk lässt sich auf keinen Fall jemandem empfehlen“.[71] Selbst Poth ist das bewusst, er rechnet bereits damit, dass sein aktueller Projektrelaunch „mit Schimpf und Schande überschüttet“ werden wird.[72] An diesem weiteren Verriss wird auch die „mehr als dubiose Internetseite, die von der Schweiz aus alles torpediert, das sich in irgendeiner Weise gegen den Mainstream ausspricht“[73] ihren Anteil haben. Die von Christoph Poth nicht namentlich genannte Seite, der Blog von RelativKritisch, nimmt dagegen die bislang durch den Autor vermiedene öffentliche Diskussion über seinen Unsinn erneut auf. Dabei bleibt natürlich die gespannte und durchaus amüsierte Erwartung, welcher weitere Unfug die virtuellen Räume des sogenannten „institute for astronomical research germany“ noch verlassen wird.


Publikationen

  • Poth, Christoph, 2013: Der Urknall-Skandal, Würselen: Selbstverlag
  • Poth, Christoph, 2015: Einsteins Universum ohne Urknall und die Lösung für Hawkings Problem, Würselen: XinXii (Gratis-E-Book ab 08.05.2015)
  • Poth, Christoph, 2015: Einstein´s Universe Whithout Big Bang And The Solution Of Hawking´s Paradox, Würselen: XinXii (Gratis-E-Book ab 08.05.2015)

  • Diskutiere über Christoph Poth – „Der Urknall-Skandal“ reloaded auch im Forum Alpha Centauri!

Anmerkungen

  • [1] Kommentiert von RelativKritisch am 13.04.2014.
  • [2] wikipedia: Strato AG
  • [3] Die deutsch- und englischsprachige Ausgabe bei „XinXii“.
  • [4] Die englischsprachige Ausgabe weist Christoph Poth auf Seite 8 selbst als Übersetzer aus: „Translation into english out of german by Christoph Poth.“
  • [5] „XinXii“ ist ein Geschäftsmodell der GD Publishing Ltd. & Co. KG mit Sitz in der Auguststrasse 75, 10117 Berlin.
  • [6] Christopher Poths YouTube-Clips für den Projektrelaunch.
  • [7] Projektplazierung bei facebook.
  • [8] Poth mit seinem neuen Projekt bei Google+.
  • [9] Seine „Agentin für die „Presse‐ & Öffentlichkeitsarbeit“ Kerstin Pinger und sein ehemaliger Mediengestalter sind in Poths Wiederbetätigung offenbar nicht involviert.
  • [10] wikipedia: Direktmarketing
  • [11] wikipedia: E-Mail-Spam
  • [12] vgl. den Kommentar der RelativKritisch Redaktion
  • [13] wikipedia: Product-Placement
  • [14] wikipedia: Google play
  • [15] Download bei Google play
  • [16] Direktlink
  • [17] Die Deutschsprachige Ausgabe und die englische Version als Gratis-E-Book.
  • [18] Auf den deutschsprachigen Webseiten ist der Direktlink zudem mit www.sar-germany.com falsch unterlegt (Stand: 25.05.2015).
  • [19] So Christoph Poth im Teaser zu seiner Buchveröffentlichung beim Self-Publisher und E-Book-Distributor „XinXii“.
  • [20] Poth im Teaser bei „XinXii“.
  • [21] Poth im Teaser bei „XinXii“.
  • [22] Poth im Teaser bei „XinXii“.
  • [23] Dominik Elsässer in seiner Rezension zu Poths „Urknall-Skandal“ in Ausgabe 05/2014 von „Sterne und Weltraum“.
  • [24] Elsässer 2014: 102
  • [25] Poth 2015: 129
  • [26] Poth 2015: 105
  • [27] Poth 2015: 141f
  • [28] Poth 2015: 203
  • [29] Poth 2015: 214
  • [30] Poth 2015: 226
  • [31] Poth 2015: 74
  • [32] wikipedia: Georges Edouard Lemaître
  • [33] wikipedia: Subrahmanyan Chandrasekhar
  • [34] Diesen Teaser stellt Poth auf seiner neuen Webpräsenz als Ausgangspunkt seines Projektrelaunch ins Zentrum.
  • [35] Diese Ergänzung verwendet Poth für seine Buchpräsentation bei „XinXii“.
  • [36] Poth 2015: 168
  • [37] Poth 2015: 105
  • [38] Poth 2015: 168
  • [39] Poth 2015: 19
  • [40] Das „Cosmology Statement“auf der Webpräsenz von Christoph Poth.
  • [41] Die dafür gebründete Webpäsenz www.cosmologystatement.org ist bei archive.org erhalten.
  • [42] wikipedia: New Scientist
  • [43] Begriff geprägt von Milena Wazeck
  • [44] Begriff geprägt von Markus Pössel
  • [45] Poth 2015: 169
  • [46] wikipedia: Epizykeltheorie
  • [47] RationalWiki: Galileo gambit
  • [48] Poth 2015: 129
  • [49] Poth 2015: 149
  • [50] Poth 2015: 149
  • [51] Poth 2015: 191
  • [52] Poth 2015: 42
  • [53] Poth 2015: 129
  • [54] Poth 2015: 42
  • [55] Poth 2015: 14
  • [56] Poth 2015: 16
  • [57] Aus der Projektseite von Christoph Poth
  • [58] Poth 2015: 168
  • [59] Poth 2015: 19
  • [60] Poth 2015: 191
  • [61] wikipedia: Mandarinentum
  • [62] Poth erwähnt diese nicht. Sie wären aber ein fruchtbares Szenario für die Albträume wissenschaftlicher Aussenseiter an sich.
  • [63] Poth 2015: 190
  • [64] wikipedia: Apanage
  • [65] Poth 2015: 173
  • [66] Poth 2015: 170
  • [67] Poth 2015: 170
  • [68] Poth 2015: 190
  • [69] Poth 2015: 190
  • [70] Poth 2015: 190
  • [71] Elsässer 2014: 102
  • [72] Poth 2015: 190
  • [73] Poth 2015: 190

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